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Northaway

Ein Weg in den Norden.

Ein Weg weg vom modernen „Turbo-Alpinismus“.

Ein Weg zurück zu nachhaltigem Bergsteigen.

Ein Weg über den größten Festlandgletscher Europas.

 

Zwei Hanna(h)s, zwei Rucksäcke und zwei Paar Ski.

 

Mit der Idee, so unabhängig und nachhaltig wie möglich unterwegs zu sein, machten wir uns mit Zelt und selbstgemachtem Travelfood auf den Weg, um in sieben Tagen den Jostedalsbreen von Nord nach Süd zu überqueren. Nach 48 Stunden in Zug und Bus starteten wir unseren Weg von Erdal hinein zum Gletscher. Mit einem Ausgangspunkt auf 50 Metern über dem Meeresspiegel und dem dort fehlenden Schnee kamen die Ski erstmal auf den eh schon schweren Rucksack. Nach 400 Höhenmetern Aufstieg beschlossen wir, endlich unsere Laufschuhe gegen Skischuhe zu tauschen, und suchten uns unseren Weg über die teils spärlichen Schneebänder.

Mit zunehmender Höhe nahm der Schnee zu – allerdings auch die Bewölkung und der Wind. Gegen Nachmittag verwandelte sich dieser in einen Sturm mit heftigen Böen, die uns kaum noch aufrecht stehen ließen.

Eine kleine Biwakschachtel am Fuße des Gletschers bot uns Unterschlupf und die Möglichkeit, unseren weiteren Plan zu besprechen, ohne gegen die heftigen Böen ankämpfen zu müssen. Der Wind wurde stärker, die Sicht am Gletscher schlechter, und so blieb uns kaum eine andere Wahl, als den Tag an dieser Stelle zu beenden. In der Hoffnung auf Besserung verbrachten wir die Nacht in der kleinen Hütte.

 

Northaway project across european biggest glacier with SCARPA's F1 GT ski boot

 

Hoffnung ist gut, doch die Natur ist stärker und so wird uns das Weitergehen auch am nächsten Morgen noch nicht vergönnt. Der Sturm ließ nicht nach. Heftige Böen peitschten gegen die Hütte, und selbst einzelne Schritte rund um die Hütte wurden zur Herausforderung. Also hieß es weiter warten, hoffen und geduldig sein. Unterstützt von starkem Regen hielt uns das Wetter einen weiteren Tag im Biwak fest.100 km/h Böen hätten unser Zelt wohl in seine Einzelteile zerlegt – umso dankbarer waren wir für unseren stabilen Unterschlupf.

Die Prognose für den nächsten Tag versprach leider keine Besserung. Im Gegenteil: gleicher Wind, noch mehr Regen. Eine weitere Geduldsprobe. Unsere innere Unruhe, der Bewegungsdrang und die hohe Motivation endlich starten zu wollen wurden immer größer. Nicht nur einmal überlegten wir doch ein Weitergehen bei nicht idealen Verhältnissen zu wagen. Doch donnernde Nassschneelawinen, fehlende Sicht am Gletscher und der Schlag der Böen ins Gesicht ließen uns immer wieder die einzig richtige Entscheidung treffen: warten.

So wurden aus einem nie geplanten Zwischenstopp drei Nächte und zwei Tage im Biwak.

 

Am vierten Tag hatten wir dann endlich unsere Geduldsprobe bestanden und wurden mit besserem Wetter belohnt – zumindest glaubten wir das, als um 4 Uhr der Wecker klingelte. Mit einem frühen Start, dem ein oder andern Gipfel weniger und ein paar sehr langen Tagesetappen hofften wir, den Gletscher dennoch in der verbleibenden Zeit überqueren zu können.

 

Zunächst lief alles gut, bis uns auf dem ersten Gletscherplateau ein plötzliches Whiteout die Sicht nahm. Im flachen, dank GPS-Navigation kein Problem, doch vorm nächsten Gletscherbruch war dann Stopp. Rechts und links von uns taten sich Spalten auf. Uns wurde schnell klar: Ohne Sicht - keinen Schritt weiter. Die Zeit verging, Wind und Kälte nahmen zu, und das „Waiting Game“ ging in die nächste Runde. Wir gruben uns ein Loch im Schnee, um uns etwas vor dem eisigen Wind zu schützen. Drei lange Stunden vergingen, bis sich die Wolkendecke endlich öffnete und wir den Gletscherbruch abfahren konnten.

 

 

Northaway project wearing SCARPA's F1 GT ski boots

 

Unser Weg führte uns weiter auf das eigentliche Plateau des Jostedalsbreen – durch einen weiteren groben Gletscherbruch. In der Mitte Seraks, rechts und links Lawinen und Eisschlag. Pest oder Cholera – wir hatten die Wahl. Nach kurzer Überlegung entschieden wir uns, angeseilt mit größtmöglichem Abstand zu den Flanken durch das Spaltenlabyrinth zu navigieren.

Oben angekommen war die Erleichterung groß – ebenso wie die Müdigkeit. Es wurde bereits Abend, doch wir wollten den geplanten Gipfel, die Brenibba, noch mitnehmen. In einem weiteren Whiteout spurten wir den steilen Hang hinauf. Am Gipfel angekommen: weiterhin alles weiß in weiß. Abfellen, umbauen, ab zum Biwakplatz – so der Plan.

 

 

Doch die Realität sah anders aus: der Stopper von Hannahs Ski ließ sich nicht lösen. Mit den Worten „Wird schon nicht aufgehen“ legte sie den Ski in den Schnee, um einzusteigen – doch der Ski war schneller. Er rutschte über eine Kante und verschwand im weiß Richtung Gletscherbruch. Mitten am größten Festlandgletscher Europas – mit nur einem Ski –Worst Case. Uns war klar: Wir mussten den Ski suchen.

Im Whiteout fuhren wir den Hang suchend ab. Eine Spur – vielleicht vom Ski? Wir folgten einem leichten Strich im Schnee, verzweifelt, aber noch hoffend. Ein kurzes Lichtfenster gab den Blick auf ein Felsband frei – und davor: ein schwarzer Strich. War das der Ski? Tatsächlich. An der einzigen Felsstelle im weiten Hang war er liegen geblieben, kurz vor dem Abbruch. Wir konnten unser Glück kaum fassen und waren einfach nur unendlich dankbar.

Körperlich und mental erschöpft stiegen wir noch einmal auf, um auf der richtigen Seite abzufahren. Nach einem 19-Stunden-Tag waren wir einfach nur froh endlich in unseren Schlafsäcken zu liegen.

 

 

Am nächsten Morgen weckte uns strahlender Sonnenschein. Beeindruckt von den gewaltigen Dimensionen des Gletscherplateaus kamen wir gut voran, nahmen zwei Gipfel mit und spurten über endlose weiße Flächen. Dieser traumhafte Tag wurde mit einem spektakulären Sonnenuntergang und tanzenden Polarlichtern gekrönt. Über den gesamten Himmel hinweg flackernd, ließen sie uns staunend in der Kälte stehen. Dankbar und erfüllt gönnten wir uns ein paar Stunden Schlaf, bevor wir am nächsten Tag weiter Richtung Süden zogen.

Erneut lagen unzählige Kilometer flachen Geländes vor uns – unterbrochen von einem weiteren Gipfel als Abwechslung. Vom letzten Biwakplatz aus konnten wir bereits auf unser Ziel blicken: den Fjærlandsfjord. Eine letzte Nacht im Schnee, dann ging es hinunter ins Tal. Nach sieben Tagen kamen wir trotz vieler Höhen und Tiefen am südlichen Ende des Gletschers an – und fuhren mit Bus und Bahn nach Innsbruck zurück.

Sieben Tage völlig alleine und unabhängig auf dem größten Gletscher Europas unterwegs zu sein war eine sehr beeindruckende Erfahrung, durch die wir beide sicherlich viel lernen konnten. Es war eine erfolgreiche Tour voller Abenteuer durch eine unglaublich beeindruckende Landschaft. Massive Gletscherbrüche, unglaubliche Weiten, tanzende Polarlichter und die gute gemeinsame Zeit machten die Tour zu etwas ganz Besonderem.


 

A scenic view during the Northaway traverse wearing F1 GT ski touring boot

 

Northaway:

- A way through the north

- Away from ‘tubo alpinism’

- A way across Europe's biggest continental glacier

- Away from planes

- A way back to self-sustained, minimalistic mountaineering

 

Daten zur Tour:

96,8 km

3915hm Aufstieg

4098 hm Abstieg

7 Tage

Über 20kg pro Rucksack

 

Gesamtdauer der Reise (Unterwegszeit)

Hinreise: Innsbruck → Erdal: 43 h

Rückreise: Skeide Bru → Innsbruck 50h

Gesamt: 93 h

CO2 Emmsionsverlgeich:

Bus und Zug: 153, 9kg CO2 pro Person

Vergleich:

Flugzeug: 458 CO2 pro Person

Auto 713 kg CO2 pro Person

 

 

Wer sind wir:

Hanna Löberbauer: Sportwissenschaften, Studium Uni Innsbruck (derzeit im Master ab Herbst vermutlich Phd), wohnhaft in Innsbruck, aktuell in der Bergführerausbildung, 26 Jahre, ursprünglich aus Mondsee

Hannah Bär: In den Endzügen des Medizin Studiums an der Uni Ulm, wohnhaft in Innsbruck, 26 Jahre alt