
Mathieu Maynadier und Mueez Uddin: Erstbesteigung des Spantik (7029 m)
Eine Verbindung, aufgebaut auf Freundschaft, Träumen und Lebensprojekten
„Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, fühle ich mich im Einklang und versuche, selbst durch kleine Gesten, etwas von dem Glück zurückzugeben, das ich empfange.“
Mathieu Maynadier ist ein französischer Bergführer, der seit Langem von den Gipfeln Pakistans angezogen wird. Mueez Uddin ist ein junger pakistanischer Alpinist mit Leidenschaft für das Bergsteigen. Die beiden haben sich vor einigen Jahren kennengelernt, und in diesem Jahr starteten sie eine leichte und besondere Expedition: Zum ersten Mal bildete ein pakistanischer Alpinist gemeinsam und auf Augenhöhe mit einem westlichen Alpinisten ein Team, um eine Erstbegehung im Alpinstil zu versuchen. Dies ist ihre Geschichte.
Mueez: „Mein Name ist Mueez Uddin, ich bin 27 Jahre alt und lebe im Hunza-Tal im Norden Pakistans. Ich arbeite seit acht Jahren als lokaler Bergführer. Berge zu besteigen ist nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Leidenschaft: es erfüllt mich mit großer Freude.“
Mathieu, wie habt ihr euch kennengelernt und seid Freunde geworden?
„Das war 2021, als wir mit Zomconnection nach Pakistan kamen, um in Malam Jabba ein Snowboard-Event zu organisieren. Schnell sprach sich herum, dass Ausländer mit Skiausrüstung gekommen waren, um den Kindern etwas beizubringen, und viele Leute kamen. Mueez war unter ihnen. Wir verbrachten eine Woche zusammen und wurden Freunde. Später wurde er mein fester Begleiter für weitere Reisen. Gemeinsam richteten wir den ersten Sportkletterfelsen im Hunza-Tal bei Ali Abbad ein und bauten eine Kletterhalle in Karimabad. Ich merkte, dass Mueez – neben seinem Talent und seiner Leidenschaft – dem Alpinismus mit großem Einsatz verbunden ist. Also beschlossen wir dieses Jahr, gemeinsam zum Spantik zu gehen!“
Wie habt ihr das Ziel der Expedition ausgewählt?
Mathieu: „Ich war auf der Suche nach Inspiration, als ich mit Michi Wohlleben sprach, der mir diesen Grat erwähnte. Die Linie sah wunderschön aus, trotz gewisser objektiver Gefahren. Der Zustieg war abenteuerlich, genau das, was ich suchte! Und natürlich war Mueez begeistert: Der Spantik ist der Berg direkt vor seiner Haustür, den er seit seiner Kindheit jeden Tag gesehen hat.“
Was bedeutete diese Expedition für euch beide?
Mueez: „Es war mein erster Gipfel im Alpinstil, meine erste Erfahrung auf einer neuen Route. Dieser Aufstieg hat mich geprägt und meine zukünftige Herangehensweise an den Alpinismus definiert.“
Mathieu: „Nach 20 Jahren Expeditionen auf der ganzen Welt war dies das erste Mal, dass ich allein nach Pakistan kam. Ich stellte ein vollständig pakistanisches Team zusammen: Bergführer, Fotograf, Filmemacher, alle. Diese Reise war nur der erste Schritt eines größeren Projekts: Mueez dabei zu unterstützen, der erste international zertifizierte IFMGA-Bergführer aus Pakistan zu werden. Tatsächlich ist dies nur der Anfang unseres Abenteuers!“
Gab es schwierige Momente?
Mathieu: „Ich gebe zu, es war hart: Ich fühlte mich für jede Entscheidung verantwortlich. Für Mueez war es seine erste Erfahrung dieser Art, und wir hatten ein paar heikle Momente. In der letzten Nacht an der Wand schneite es viel stärker als vorhergesagt. Das belastete uns sehr und zwang uns, den Plan zu ändern, da die ursprüngliche Linie mit zu viel Spindrift überladen war. Der zweite schwierige Moment kam beim Abstieg: Wir waren völlig erschöpft, im tiefen Neuschnee und mit vielen Gletscherspalten. Wir stiegen bis auf 5.800 Meter ab, wo wir ein letztes Mal biwakierten. Und am Schlusstag mussten wir, nur um unsere Ski am Wandfuß zu erreichen, den Atem anhalten, während wir steile Osthänge überquerten, die sich rasch in der Morgensonne erwärmten...“
Mueez: „Gleich zu Beginn der Expedition kugelte ich mir eine Schulter aus. Ich war am Boden zerstört, aber glücklicherweise gab uns das schlechte Wetter, über das wir uns zuvor geärgert hatten, Zeit zur Erholung. Ich habe immer versucht, optimistisch und positiv zu bleiben, auch in schwierigen Momenten. Diese Haltung, kombiniert mit unserer Entschlossenheit, hat sich ausgezahlt – und wir haben es geschafft!“
Mueez, warum möchtest du IFMGA-Bergführer werden?
„Ich bin in den Bergen geboren und aufgewachsen; ich klettere, seit ich ein Kind war. Obwohl Pakistan Tausende von Gipfeln und einige der größten Gebirgszüge der Welt hat, gibt es dort keine international zertifizierten Bergführer. Ich möchte der Erste sein – nicht nur, um meine Leidenschaft für die Berge zu krönen, sondern auch, um kommende Generationen pakistanischer Alpinisten zu inspirieren und meinem Land die Sichtbarkeit zu geben, die es in der professionellen Bergsteigerwelt verdient.“
Mathieu, war es anders, diese Expedition mit ‚Locals‘ statt mit deinen üblichen Partnern zu erleben?
„Auf früheren Expeditionen hatte ich manchmal das Gefühl, eher wie ein Kunde behandelt zu werden. Dieses Mal war ich wirklich ein Partner, einer von ihnen! Ich denke, das ist natürlich: Wenn wir Westler mit lokalen Begleitern in ein fremdes Land reisen, ist die Beziehung oft etwas distanzierter, selbst unbewusst. Dieses Jahr war ich allein und dadurch offener für Dialog und Austausch. Ich habe viel darüber gelernt, wie sie leben und wie ihr Land funktioniert. Auf dieser Reise habe ich mehr gelernt als auf meinen 12 vorherigen Reisen nach Pakistan. Ich denke, wenn ich alt bin, werde ich immer noch nach Pakistan zurückkehren, um unberührte Gipfel zu besteigen, vielleicht in geringeren Höhen. Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, fühle ich mich gut und versuche, selbst mit kleinen Gesten, etwas von dem Glück zurückzugeben, das ich empfange.“